Der erste Eintrag seitdem ich vor gut drei Jahren 2019 in Namibia war fühlt sich genauso ungewohnt wie erfrischend an. Viel ist in dieser Zeit passiert, aber meine Passion für das Reisen hat darunter nicht gelitten, sie wahrscheinlich sogar noch sehnsuchtsvoll verstärkt.
Zu den harten Fakten bin ich zusammen mit meiner Frau sowie meiner nun zweijährigen Tochter Juliana an der Algarve in Portugal unterwegs für zwei lustige Wochen. Wir werden von Osten (Castro Marim) über den Südwesten in Lagos ins Landesinnere nach Monchique. Ich war 2017 schonmal in der Gegend, allerdings damals undokumentiert und für eine Woche.
Wir schreiben den Mai 2022, und neben dem schon erwähnten Nachwuchs hat uns aber auch Corona an längeren Urlauben im Jahr 2020 und 2021 gehindert. Natürlich gab es zumindest für uns in der Zeit reichlich zutun, aber es war auch eine Zeit der Isolation und Einschränkung. Zudem habe ich die letzten gut zwei Jahre fast ausschließlich von zu Hause gearbeitet und während ich die Freiheit meiner eigenen Arbeitsweise und -einteilung schätzen gelernt habe, entwickelte sich nach einem guten Jahr dann auch ein stärker werdender Lagerkoller. Das äußerte sich am meisten bei mir darin, dass die eingeschränkte Abwechslung und räumliche Eintönigkeit eine Art Enge im Gehirn und denken zu Folge hatte. Wenn man dem Gehirn immer nur das gleiche anbietet, dann wird es wahrscheinlich von sich aus einfach träge und weniger kreativ und experimentierfreudig. Routine von seiner Kehrseite. Um dem entgegenzuwirken würde nun also Portugal ausgesucht, so ziemlich das sonnigsten und exotischte, was innerhalb von zwei bis drei Flugstunden von Dublin aus möglich ist. Mehr kann ich meiner Tochter Juliana noch nicht zumuten. Weiter weg geht es dann wieder etwas später, was mir aber auch schon reichlich unter den Nägeln brennt.
Um den geneigten Leser nicht zu langweilen, falls bis hierhin durchgehalten wurde, habe ich diesmal nur drei schriftliche Abschnitte zu den verschiedenen besuchten Orten verfasst, da dies doch eher ein Familienurlaub als denn Abenteuerreise ist. Den Start macht der Osten der Algarve, ganz in der Nähe zur spanischen Grenze.
Castro Marim
Quinta da fornalha heißt unsere Unterkunft und somit erstes Ziel unserer Reise. Wir sind mit dem Mietwagen mehr als Notwendigkeit unterwegs, da wir nicht Vorhaben, mehr als eine Tankfüllung zu verfahren.
Das erste Gefühl der Entspannung macht sich breit, als wir das Flughafengebäude verlassen und es einfach nur angenehm warm ist. Einerseits ist es freilich die Assoziation mit dem Urlaub, aber auch die Sonne und Wärme an sich hat einfach einen positiven Effekt auf dem Menschen. Selbst an einem Montag sind die Menschen bei Sonnenschein meist etwas besser drauf.
Da nach einiger Zeit sowohl meine Frau Ruth als auch Kind im Auto einschlafen und vor allem Juliana normalerweise in der Minute des Parkens aufwacht, drehe ich noch mehr oder weniger alleine eine Extrarunde im Landesinneren. Ein relativ starker Kontrast, denn die Straße wird leerer und schmaler, der Boden nochmal trockener und außer ein paar verschlafenen Dörfern treffe ich in der Mittagssonne weder Mensch noch Tier an. Der Großteil der Bewohner lebt aus vielerlei Gründen an der Küste, was auch die meisten Touristen vorziehen.
Quinta da fornalha ist eine Ansammlung von kleinen Apartments angereiht an einen Naturbauernhof mit ein paar Tieren aber zumeist Feigen und Zitronenbäumen. Zu neudeutsch würde sie Eco-lodge heißen.
Es ist etwa fünf Minuten vom Strand und dem nächsten kleinen Dorf entfernt.
Fußläufig ist nur der Bahnhof zu erreichen mit drei Gebäuden, die sich in ihren Zustand stark unterscheiden. Das erste wird aktuell als Bahnhofsgebäude benutzt. Der Lack ist zwar ab oder war nie dran, denn in der Nähe ist wenig, aber als Sonnenschutz und Sitzgelegenheit reicht es allemale. Das Zweite hat die besten Tage hinter sich, scheint außer Betrieb und wohl der Vorgänger der ersten Gebäudes. Das Dritte ist, nun ja, wohl der Vorgänger des Zweiten, aber nun ohne Tür, Fenster oder Dach. Alle stehen wie drei Generationen nebeneinander und mahnen die unaufhaltsame Zeit.
Auf unserer Terrasse machen sich schon bei Ankunft ein halbes Dutzend Katzen breit. Unsere Vormieterin hat sie kräftig gefüttert, was jene sich natürlich eingeprägt haben in der Hoffnung, dass wir nun auch ordentlich was springen lassen. Das hatte zwar zur Folge, dass wir die Katzen oftmals aus dem Apartment scheuchen müssten, aber Juliana sowie ich selber viel mit dem streicheln des bunten Haufens beschäftigt sind. Drei Grunde gibt auch noch, einer mit nur noch drei Pfoten und alle miteinander verwandt. Ein guter Bauernhof eben.
In den vier Tagen hier haben wir verschiedene Strände besucht, da aber im Grunde alle zum dem gleichen kilometerlangen Strandabschnitt gehören auch wenn sie andere Namen haben. Ich habe die Nähe zum Meer wirklich zu schätzen gelernt, denn auch zu Hause ist es nur einen kurzen Spaziergang entfernt. Unabhängig vom Wetter strahlt es eine bestimmte Ruhe und Urgewalt zugleich aus. Wohl fest im Wesen des Menschen verankert, ist es ein bisschen so wie ins Feuer zu schauen. Ich verliere mich, aber nicht in Gedanken sondern mehr in der Gedankenlosigkeit. Anderes wird ausgeblendet, scheint nicht wichtig, die Zeit dehnt sich und der Moment rückt in den Vordergrund. Genau die Weite und das Gefühl , was Corona und home office in unerreichbare Ferne verrückt hatten. Es war wieder da.
Gegen Ende unseres Aufenthaltes dort treffe ich noch auf zwei deutsche Freiwillige, die auf dem Bauernhof nun schon Zeit Anfang des Jahres aushelfen, für Kost und Logie aus Gegenleistung. Sie mögen Ende zwanzig sein und streichen gerade die Häuser mit einer Kalkfarbe an, die den Glanz für die bevorstehende Saison wieder zum Vorschein bringen soll. Sie scheinen zufrieden und unbeschwert, bleiben solange es ihnen Freude bereitet, vielleicht bis morgen oder immer. Wer weiß.
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Lagos
Nach dem beschaulichen Landurlaub in Castro Marim geht es fast die ganze Südküste entlang Richtung Lagos. Einst ein Dorf, dessen historisches Zentrum weiterhin erhalten ist und rege besucht, ist darum herum ein Meer aus Apartments und Hotels entstanden, neben dem eigentlichen Meer versteht sich.
Wir übernachten in dem Marina Hotel direkt am Hafen. Das Motto ist “eine Kreuzfahrt an Land”. Hotels sind nicht unser Ding, aber wir wollten auch Mal ein Swimmingpool für Juliana vor der Tür haben und einfach in ein Dorfzentrum schlendern können. Es hält was es verspricht, das Personal ist überaus freundlich und hilfsbereit, das Gebäude an sich entbehrt jeglicher Seele.
Am Sonntagmorgen besuchen wir die alte Kirche im Zentrum und schauen uns dann noch ein wenig in der Nähe um. Ich war schon in einigen Kirchen und Gottesdiensten in verschiedenen Ländern, aber sie sind immer gleich, da der Ablauf der Zeremonie es nunmal so vorsieht. Aber es erfüllt mich immer mit etwas Ruhe und Einkehr, was ich sehr schätze, auch wenn ich mit dem Allmächtigen ein Recht neutrales Verhältnis Pflege. Das Zentrum ist eine Mischung aus Historie und Moderne, dem Glanz der Vergangenheit und dem schnöden Mammon von chinesischer Importware für die Touristenläden.
Wenig abseits des zentralen Platzes ist ein gutes altes Kinderkarussell, was irgendwie etwas der Zeit entrückt dort platziert wirkt, aber Juliana blendend gefällt, auch weil sie immer seltener anzutreffen sind und einen Zoo an Tieren zur Auswahl haben. Ein attraktives Photomotiv ganz nebenbei.
In ein paar Wochen im Juni fängt hier an der Algarve generell die Hochsaison an und einige Läden und Bars sind noch geschlossen und es ist noch ziemlich ruhig in Gassen und Hotelzimmern. Unser nächstes und letztes Ziel wird dann wieder deutlich weiter ab vom Schuss in den Bergen sein.
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Monchique
In Monchique, etwa 30-40 Minuten in Landesinneren von der Süd- und Westküste des Landes entfernt, geht die Uhr wieder in einiges langsamer.
Wir haben ein renoviertes schnuckeliges Bauernhaus gemietet, mitten im Grünen auf der Ostseite eines Hügels. Aber hier nicht auf einem Hang oder Berg zu wohnen ist so gut wie unmöglich.
Wir bringen die letzten Tage sehr langsam und pausenreich zu.
Der Nachbar neben uns hat eine ganze Reihe von Zitronenbäumen, baut auch Kartoffeln an und sieht aus, als hätte er sein Leben lang hart aber zufrieden im Feld gearbeitet. Er spricht nur Portugiesisch, aber ich verstehe mich trotzdem soviel mit ihm auch seinem Hund Recht gut. Er hilft mir eines Abends, als die Gasflasche für den Herd leer ist und ich als Stadtkind freilich noch ne eine gewechselt habe. Er macht’s in zwanzig Sekunden, wie vermutet und ich kann weiter kochen.
Alles findet hier also einen ruhigen Abschluss, wirklich angenehm und erholsam.
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