Montevideo III (URU)

11.04.16

12.04.16 12:12 Uhr
1 Euro = 35 Peso

Gegen halb zwei Nachts kommen wir wieder zu Hause in Montevideo an. An dem Flughafen ist kaum was los. Die Damen am Parfümstand stehen sich die Beine in den Bauch und unternehmen wenig Versuch ihr sündhaft teures Duftwasser unters Volk zu bringen. Wir nehmen ein Taxi zum Hotel/Hostel Splendido. Interessanterweise waren einige Unterkünfte restlos ausgebucht. Der Taxifahrer knöpft uns 1400 Peso ab, was knapp fünfzig Dollar sind. Keine Ahnung ob das stimmt, da auf dem Taximeter nur eine kryptische Zahl steht, die stetig nach oben zählt. Könnten die zurückgelegten Kilometer sein, was uns aber auch überhaupt nicht bei der Transparenz hilft.

Im Hotel an der Rezeption in einem viel zu niedrigen Abschnitt des Treppenflures, sitzt jemand hinter dem Tresen, der schon ordentlich einen durchgezogen hat. Der Graskapitän zeigt uns unser Zimmer, sagt wir sollen doch lieber morgen einchecken und verzieht sich wieder in sein Räucherkämmerlein. Ich habe da eh nichts gegen und der Staat Uruguay auch nicht, von daher soll er es handhaben wie er möchte.

Am Morgen sind wir wieder vergeblich auf der Suche nach einem guten Ort zum frühstücken. So etwas wie ein Cafe oder ein Gatenbröcker mit Sitzgelegenheit. Alles Fehlanzeige. Wir landen in einer Bar und bestellen ein Omelette und zwei Croissants. Croissants gibt’s heute nicht, also kaufen wir diese dann später in einem anderen Laden und setzen uns in einen Park.

Dort sind wie in Uruguay übrigens recht häufig anzutreffen Sportgeräte für jedermann zur freien Verfügung im freien aufgebaut. Egal ob Brust, Beine oder Rücken, hier wird alles bedient. Eine ältere Dame kommt mit ihrem weiß gestriegelten Fifi in den Park und gibt bei der Beinschaukel Vollgas. Auch viele andere Leute betätigen sich sportlich, die Dinger sind also nicht nur zur Zierde als gute Idee der Regierung.

Dann kommt ein Moment, auf den ich mich die letzten Tage schon gefreut habe, als ich an einem Straßenstand mit dem Verkäufer um den Preis meines Mate Sets verhandle. Ein Matebecher, ein Trinkhalm und eine Thermosflasche, wo mit bunten Lettern “Montevideo” aufgedruckt ist. Ich habe den Mate Tee hier ein paar Mal probiert. Ich mag reinen und natürlichen Tee generell und besonders, wenn er mit alten Traditionen verknüpft ist. Für 850 Peso wechselt alles den Besitzer. Für 164 Peso kaufe ich im Laden noch ein Kilo des Tees ein. Der wird hier fast überall verkauft, auch ganz normal im Supermarkt wird er wie ein gewöhnliches Lebensmittel gehandelt.

Wir essen noch zu Abend und ungewöhnlicherweise lassen wir uns dazu eine Flasche Rotwein schmecken. Nachdem ich geduscht habe, gehe ich noch auf eine Zigarette und ein letztes Bier hinaus zu Bar nebenan. Ich gerate draußen an zwei Schotten, der eine hat gut getrunken, aber sein dickerer Freund ist voll wie ne ganze Kompanie. Sein Englisch ist schwer verständlich und er kann sich nur mit Mühe auf den Beinen halten. Er hat Probleme, sich seine Zigarette anzuzünden. Er gibt mir einen Exkurs über die Wichtigkeit von Vornamen, den einem die Eltern geben. Nicht dass ich ihn danach gefragt hätte. Vor allem wichtig ist ihm sein zweiter Vorname Falkoner. Er spricht es aus wie ein Franzose, was irgendwie komisch ist. Was aber der springende Punkt ist, dass er seinem Sohn diesen Namen als ersten Vornamen gegeben hat und der Name schon seit einigen Generationen in der Familie verweilt und es eine Tradition ist. Sein Kollege ist froh, für ein paar Minuten vom Haken zu sein und plaudert mit ein paar anderen Leuten. Er sagt mir auch noch, dass nur schlechte Menschen töten. Das ist mal ne klare Aussage, die ich auch unterstütze. Ich treffe nebenbei noch eine Deutsche aus München, die auch gerne auf Reggaefestivals geht. Ich sage euch, die Creme da le Creme trifft sich in Montevideo. Auch wenn ich mich aus diesem Zirkel morgen früh vorerst verabschiede, Es geht wieder zurück nach Deutschland. Und diesmal habe ich die Sitzplätze vorher im Internet reserviert. Damit die zwölf Stunden so angenehm wie möglich werden. Aber ehrlich gesagt bin ich ziemlich froh, dass es das Flugzeug gibt was mir ermöglicht, immer wieder aufs Neue an fabelhafte Orte auf der ganzen Welt zu reisen.

ein tragbares Fernsehradio
ein tragbares Fernsehradio

urlaub_2016-585

urlaub_2016-588

alle Hände voll zutun
alle Hände voll zutun

 

Nachwort

 

Ich bin gerade am Flughafen in Sao Paulo, als ich diese Zeilen schreibe. Da ich in den letzten vier Wochen doch an vielen Orten war und wieder mal mehr Länder besucht habe als vorher geplant, will ich noch ein paar resümierende Worte zum Besten geben.

Ich fange mit dem an, was mir nicht so gefallen hat oder was ich mir anders gedacht habe, da dieser Abschnitt kurz ausfallen wird.

In Uruguay war das Essen bis auf unseren Ranchbesuch eher mäßig bis schlecht. Es gibt in den Restaurants kaum traditionelle Gerichte und es wird auch überall ähnliches serviert. Gutes Frühstück war ebenfalls schwer zu bekommen. Zudem war zumindest in Montevideo alles mit Werbung zugekleistert. Vor allem Burger.

Der Service vor allem in Bars und Restaurants ließ manchmal zu wünschen übrig. In Rio haben wir zwanzig Minuten auf die Rechnung gewartet. Das liegt oft nicht an den Menschen selber, sondern an selbst gemachten oder technischen Umständen. Computerprogramme verlangsamen eher die Prozesse, wenn ich ein Wasser bestelle. In der Apotheke druckt mir ein Angestellter die Rechnung. Dann geht man mit der Rechnung zum nächsten Schalter und wartet. Dann stimmt die Rechnung nicht und muss korriegiert werden. Dann zahlt man die Rechnung. Dann geht man mit der bezahlten Rechnung zu Person Nummer eins, die einem das zuvor aus dem Regal genommene Produkt aushändigt. Es waren Rasierklingen und kein Plutonium.

All das stört im Urlaub aber tatsächlich selten.

Gut bis phantastisch war der Rest. Die Ruhe und Gelassenheit der Leute in Uruguay, vor allem außerhalb der Hauptstadt. Die vielen Straßenhändler. Das gute Wetter. Das Geburtshaus von Che, das Baden im Rio Uruguay, der Ausritt auf der Ranch, das pulsierende und europäische Buenos Aires, das malerische Colonia und Rio de Janeiro. Trotz all dem Hype und der hohen Erwartungen hat diese Stadt sie voll erfüllt.

Sehr gut gefallen hat mir auch der Reisestil, den Ruth und ich beibehalten haben. Nicht mehr als einen Tag vorausplanen, immer flexibel bleiben und wenn sinnvoll günstige Unterkünfte und Transporte nutzen und selber kochen, auch wenn letzteres oft zu kurz gekommen ist. Es machte aber auch oft wenig Sinn.

Das Beste und auch einer der wichtigsten Gründe für das Reisen in die Länder ist, dass hier vieles anders und neu ist und man dadurch auch selber seinen Horizont erweitert. In der Bäckerei eine Nummer ziehen oder Menschen zusehen, die eine Stunden lang Servierten falten. Man sieht, was vor der eigenen Haustür passiert und kommt aus seinem gewohnten Alltag heraus, der einen doch oft wie auf Gleise durch das Leben fahren lässt. Da muss man ab und zu mal anhalten und schauen, was denn so hinter der nächsten Ecke zu entdecken ist. Ich kann auch nur immer wieder dazu animieren, möglichst viele Ecken der Welt zu entdecken und die Vielfalt des Lebens zu genießen. Denn Zeit kann man nicht kaufen und das letzte Hemd hat keine Taschen.

der Flieger nach Hause
der Flieger nach Hause

Danke fürs Lesen.